Selbstbestimmt und unbeugsam: Was Eltern von autonomen Kindern wissen müssen (2023)

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Selbstbestimmt und unbeugsam: Was Eltern von autonomen Kindern wissen müssen

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Selbstbestimmt und unbeugsam: Was Eltern von autonomen Kindern wissen müssen (1)

Getty Images Autonome Kinder haben einen besonders starken Willen

  • FOCUS-online-Redakteurin Gina Louisa Metzler

Dienstag, 30.05.2023, 12:49

Es gibt viele Kinder, die einen starken Willen haben. Aber nicht jedes von ihnen würde Familientherapeut Jesper Juul als autonomes Kind bezeichnen. Was sie auszeichnet – und was Eltern im Alltag hilft.

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Viele Kinder verfügen heute über die Fähigkeit, ihre eigenen Interessen durchzusetzen und können dabei sehr beharrlich sein – und auch wenn es die Eltern oft an ihre Grenzen bringen mag, ist das ist überhaupt nichts Schlechtes. Obwohl alle Kinder einen eigenen Willen haben und von Natur aus nach Autonomie streben, gibt es einige Kinder, die sich in besonderem Maße selbstbestimmt verhalten.

Der bekannte dänische Familientherapeut Jesper Juul konnte viel Erfahrung mit diesen Kindern sammeln. Er bezeichnete sie als autonome Kinder – es war ihm jedoch wichtig zu betonen, dass diese Kinder nicht in irgendeiner Weise abgestempelt werden sollten, sie sollten kein Label bekommen, keine Diagnose. Autonome Kinder sind nicht krank. Sie stehen nur besonders stark zu ihren Wünschen und sind sehr gut in der Lage, ihre eigenen Grenzen aufzuzeigen und zu wahren.

Und das ist im Grunde eine tolle Eigenschaft, die viele Erwachsene sich von autonomen Kindern abschauen könnten. Trotzdem stellt das Leben mit einem autonomen Kind für dessen Eltern nicht selten eine große Herausforderung dar. Woran erkennt man sie also, die Kinder mit dem besonders starken Willen?

Autonome Kinder: Keine Andersbehandlung für die Willensstarken

„Ich bin der Meinung, dass alle Menschen einen Autonomie-Anteil in sich tragen, der aber unterschiedlich stark ausgeprägt ist“, sagt Mathias Voelchert. Er ist Gründer und Leiter von FamilyLab – der deutschen Familienwerkstatt, die er in enger Zusammenarbeit mit Jesper Juul aufgebaut hat. Auch an dem letzten Buch des Familientherapeuten vor dessen Tod hat Voelchert mitgearbeitet. Er ist Co-Autor von „ Dein selbstbestimmtes Kind“, das 2020 im Kösel-Verlag erschienen ist.

„Ich widerstehe regelmäßig der Versuchung, ein Kind als autonom oder nicht-autonom zu bezeichnen, weil ich die Andersbehandlung des autonomen Kindes verhindern möchte“, sagt Voelchert.

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„Es ist ein Grundbestreben des Menschen, zum einen, dazugehören zu dürfen – also Teil der Gruppe zu sein – und zum anderen, autonom zu sein und so wachsen und sich entwickeln zu können, wie man eben ist.“

Manche Menschen bestehen mehr als andere darauf, sich genauso entwickeln zu dürfen, wie sie eben sind. Sie haben schon als Kinder eine Abneigung gegen Fremdbestimmung. Sie lassen sich nicht gerne in eine Rolle stecken und wollen sich nicht vorschreiben lassen, wie sie sich zu verhalten haben. Wenn man diese Kinder nun bewertet, ihnen eine Diagnose verpasst, oder auch nur die Bezeichnung „autonom“, hat das aus Sicht von Mathias Voelchert weder Vorteile für das Kind, noch für die Eltern.

Nicht die Kinder müssen sich verändern – sondern die Eltern

Denn das Problem, das dadurch entstehen kann, ist der Eindruck, das Kind habe irgendetwas falsch gemacht; das Kind müsse sein Verhalten ändern und die Eltern müssten möglicherweise Maßnahmen ergreifen, damit das Kind sich besser anpasst. „Das Gegenteil ist der Fall“, sagt Voelchert. „Nicht die Kinder müssen sich verändern, sondern die Eltern müssen die Anpassungsleistung erbringen. Sie müssen lernen, wie sie mit dem Kind anders umgehen können.“

Die Erwachsenen müssen sich an die Kinder anpassen? „Das wird häufig falsch verstanden!“, sagt Voelchert. „Was ich damit nicht meine ist, dass die Eltern nach der Pfeife der Kinder tanzen müssen. Es geht vielmehr darum, dass die Erwachsenen die Führung übernehmen, denn sie haben ja auch die Macht und die Kraft, Entscheidungen zu treffen. Sie entscheiden, wo die Familie lebt, welche Religion ausgeübt wird, was gegessen und welche Kleidung getragen wird, usw. Und autonomen, also sehr selbstbestimmten Kindern, geht das – ohne dass sie es selbst wissen – auf den Keks. Die wollen auch entscheiden.“

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‚Selber machen‘, hieße es von deren Seite daher oft schon mit zweieinhalb, sagt Voelchert. „Und in einer Zeit, in der Kinder Gott sei Dank nicht länger still geprügelt werden, insistieren die Kinder. Und sagen, das will ich aber selber machen und selber können. Und dann machen sie es in ihrem eigenen Tempo.“ Uns Erwachsenen fehle nur oft die Zeit und die Geduld, um sie das machen zu lassen. „Und gerade dann, wenn wir im Stress sind, wünschen wir uns ein Kind, das funktioniert“, konstatiert Mathias Voelchert.

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Autonome Kinder: Auffälliges Verhalten ist immer ein Signal

Autonome Kinder sind keine Neuerscheinung, kein modernes Phänomen und kein Produkt antiautoritärer Erziehung. Autonome Kinder hat es schon immer gegeben. Es ist jedoch noch nicht lange her, dass insbesondere Kinder, die aufbegehrten, Kinder, die für ihre Meinung einstanden und sich gegen die Unterdrückung durch Erwachsene wehrten, durch Schläge oder andere Strafen gefügig gemacht wurden.

Heute werden Kinder in unserer Gesellschaft zum Glück nur noch selten geschlagen. So kann der Eindruck entstehen, dass es heute mehr Kinder gibt, die „aus der Reihe tanzen“ oder in irgendeiner Weise ein auffälliges Verhalten zeigen. Und das ist gut, denn aus dem Verhalten eines Kindes können seine Eltern eine Menge lernen: über sich selbst und über ihr gemeinsames Leben als Familie.

Eltern sollten das Verhalten ihres Kindes also in jedem Fall ernst nehmen. Denn: „Wenn Kinder auf den Putz hauen, signalisieren sie, dass es ihnen nicht gut geht“, erklärt Mathias Voelchert. „In neuneinhalb von zehn Fällen zeigt ein Kind durch sein auffälliges Verhalten, dass etwas in der Familie nicht rund läuft. Und darauf einzugehen, das ist eine Führungsaufgabe und liegt in der Verantwortung der Eltern.“

Autonome Kinder haben ein gute Gespür für Grenzen

Kinder, die sich häufig sträuben, die scheinbar nicht kooperieren wollen, tun es in Wahrheit doch – ihre Eltern verstehen nur häufig nicht, was die Kinder ihnen mitzuteilen versuchen.

Voelchert erklärt: „Autonome Kinder brauchen vor allem den Kontakt zu den geliebten Erwachsenen. Sie brauchen Kontakt zum Vater und zur Mutter. Oft ist das ein Zeichen von einem starken Bedürfnis nach Zusammensein.“

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Da autonome Kinder ein sehr gutes Gespür für ihre eigenen Grenzen haben, reagieren sie auch empfindlich, wenn sie mit Eltern zusammenleben, die ihre Grenzen nicht wahren: Wenn Mutter und Vater ständig bis zum Anschlag arbeiten, vielleicht noch eine unbefriedigende Paarbeziehung haben, oder durch ihre Wohnsituation in Stress geraten, kann es zu Konflikten mit dem Kind kommen. Das Kind signalisiert durch sein Verhalten, dass es den Stress und das Ungleichgewicht in der Familie spürt, denn es kann sich vermutlich noch nicht so differenziert ausdrücken und seine Gefühle in Worte fassen. Die Herausforderung besteht nun für die Eltern darin, das wahre Problem zu erkennen und zu lösen.

„Die Symptome sind der Feuermelder. Aber wenn der Feuermelder angeht, wird keiner einfach den Alarm abschalten. Sondern jeder vernünftige Mensch wird gucken, wo brennt es? Wo kommt der Rauch her? Man muss den Brand finden. Und so ist es in Beziehungen auch“, sagt Voelchert. „Es hilft nichts, das Symptom zu bekämpfen. Man muss gucken, wo die Ursache der Probleme liegt.“

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Beziehung statt Erziehung

Der Erziehungs-Experte sagt weiter: „Es geht wirklich darum, dass wir in Beziehung mit dem Kind gehen und nicht versuchen, es in irgendeine Richtung zu erziehen. Erziehung als solche ist sinnlos und erzeugt häufig das Gegenteil von dem, was wir wollen. Man sollte in Beziehung gehen und offen zeigen, wie es einem geht. Das Kind aber dabei nicht falsch machen oder ihm die Verantwortung dafür übertragen, sondern Führung übernehmen und klarstellen: Ich habe mit deinem Verhalten etwas zu tun.“

Wenn die Eltern das erkannt haben, können sie ihr eigenes Verhalten ändern. Mehr auf ihre eigenen Grenzen achten. Führung übernehmen und die Kinder gleichwürdig behandeln. Das heißt nicht, dass Eltern jedes Verhalten ihres Kindes einfach hinnehmen müssen. Es heißt auch nicht, dass sie ihr Leben nur noch nach den Wünschen des Kindes ausrichten sollten. Es heißt schlicht, dass sie ihrem Kind vermitteln sollten, dass sie zwischen dem Verhalten des Kindes und seiner Person unterscheiden.

Das bedeutet: Eltern können ihrem Kind sagen: Mich stört dein Verhalten – aber ich liebe dich als meinen Sohn oder als meine Tochter. „Eltern dürfen ruhig sagen, deine Wutausbrüche und dein Türenknallen und dein ‚Scheiß Mama‘ usw., geht mir schon ganz schön auf den Wecker. Aber ich verstehe, dass es ein Notruf ist. Und es ändert nichts daran, dass ich dich liebe“, erläutert Voelchert. Entscheidend sei, dass die Eltern zugeben, dass sie Fehler gemacht hätten und dass sie jetzt etwas verändern wollten und es auch tun. „Das ist liebevolle elterliche Führung.“ Und das ist es, was alle Kinder – autonome Kinder aber ganz besonders – brauchen: keine strengeren Regeln, sondern Eltern, die sie führen, dabei aber ihren Willen anerkennen und respektieren.

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FAQs

Wie geht man mit autonomen Kindern um? ›

4. Tipps für die Erziehung autonomer Kinder
  1. Vermeiden Sie „man-Aussagen“. ...
  2. Bieten Sie Ihrem Kind stets Liebe und Zuneigung an. ...
  3. Vermeiden Sie jeglichen Machtkampf. ...
  4. Bieten Sie Ihrem Kind so oft wie möglich Wahlmöglichkeiten an.
  5. Verwenden Sie keine Babysprache, sondern gehen Sie respektvoll mit Ihrem Kind um.

Wie erkenne ich ein selbstbestimmtes Kind? ›

Was ist ein autonomes Kind?
  1. Sie haben einen starken eigenen Willen.
  2. Sie sind nicht empfänglich für Körperkontakt. ...
  3. Nach der Geburt sehen diese Kinder oft schon "fertig" aus. ...
  4. Sie durchschauen sofort, wenn Erwachsene nicht authentisch sind. ...
  5. Sie haben strikte Grenzen und wahren diese.
May 14, 2019

Was ist Autonomie bei Kindern? ›

UN-Kinderrechtskonvention: Kinder haben das Recht, in allen Angelegenheiten, die sie betreffen, selbst zu bestimmen und mitzubestimmen. Autonomie = Selbstbestimmung Autonomie ist ein menschliches Grundbedürfnis. Autonomie ist nicht „Freiheit“ oder „Autarkie“. Autonomie ist nur in Abhängigkeit von anderen zu verstehen.

Was wollen Eltern für ihre Kinder? ›

Und was genau erhoffen sich Eltern für die Zukunft ihrer Kinder? Gesundheit steht für 98 Prozent aller Eltern ganz oben auf der Wunschliste. Dicht gefolgt von Frieden, guter Bildung und finanzieller Sicherheit.

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Author: Tish Haag

Last Updated: 22/09/2023

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Name: Tish Haag

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